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Funde

Die Ausgrabung auf der Holsterburg zeichnet sich durch ein sehr umfangreiches Fundspektrum aus. Dabei bilden die in der Archäologie typischen Fundgruppen Keramik und Knochen gemessen an der Gesamtmenge der geborgenen Objekte den größten Anteil. Die Keramik weist die für den Zeitraum typischen Warenarten und Formen auf. Neben rau(h)wandiger Drehscheibenware, uneinheitlich sowie (überwiegend) oxidierend beziehungsweise reduzierend gebrannter Irdenware, letztere meist hellscherbiger beziehungsweise grauer harter Gattung, weist die Anlage sehr harte bis steinzeugartig harte Irdenware, Faststeinzeug und vereinzelt glasierte Irdenware auf. Meist handelt es sich um lokale Produktionen, vornehmlich aus dem nordhessischen Raum. Mit zahlreichen Fragmenten von Keramik Pingsdorfer Machart konnte einen Warenbezug aus dem Rheinland nachgewiesen werden. Mehrere Spinnwirtel und knöcherne Halbfabrikate lassen Rückschlüsse auf handwerkliche Tätigkeiten der Burgbewohner zu. Hinsichtlich der Knochen lieferte eine erste Sichtung das Ergebnis, dass die mit der Holsterburg verbundenen Personen in erster Linie Schweinefleisch konsumierten. Ergänzt wurde der Speiseplan durch Geflügel, Rind, Schaf und Ziege sowie Wild.

Wurfzabelspielstein mit seltener Durchbruchverzierung
Zwei der Spielsteine von der Holsterburg. Im Vordergrund ein Exemplar mit einer seltenen Durchbruchverzierung
(Foto: LWLArchäologie für Westfalen/S. Brentführer)

Sehr vielfältig zeigt sich auch der Bereich der Metallobjekte. Darunter stellen Eisennägel die Masse dar. Darüber hinaus finden sich diverse Schlüssel, Hufeisen und Messer. Zahlreiche Pfeilspitzen und Armbrustbolzen, vornehmlich aus Brandhorizonten stammend, ließen den Rückschluss auf den Einsatz entsprechender Militaria im Konfliktfall zu. Deutlich seltener sind Objekte, welche eher auf den Status ihrer Besitzer zurückzuführen sind, etwa Beschläge und Beschlagteile, (Ohr-)Ringe, Gürtelschnallen und Reitersporne. Die meist aus Buntmetall gefertigten und in einigen Fällen (teil-)versilberten beziehungsweise (teil-)vergoldeten Kleinodien bildeten jedoch eher die Ausnahme. Hinsichtlich des genannten Statusdenkens können, wiederum im Rückgriff auf die Keramik, auch Ofenkacheln hinzugezogen werden. Besonders sind dabei grünglasierte Exemplare hervorzuheben, welche womöglich dem Typus Tannenberg zuzuordnen sind. Sollte sich dies bestätigen, können sie aufgrund der gesicherten Enddatierung 1294 als bislang älteste Nachweise dieses Typus gelten.

Darüber hinaus fanden sich diverse beinerne Objekte. Neben einem im Rahmen der letzten Grabungskampagne geborgenen Element eines Messergriffes, verschiedenen (teil-)verzierten Kämmen und mehreren im Laufe der Jahre geborgenen Halbfabrikaten aus Knochen oder Horn sind besonders Trictrac- beziehungsweise Wurfzabelspielsteine zu nennen. Mit insgesamt vier dieser Spielsteine stellt die Holsterburg gegenwärtig die hinsichtlich dieses Fundtyps reichste Fundstelle Westfalens dar. Zwei Spielsteine besitzen eine relativ schlichte Ornamentierung aus konzentrischen Kreisen und Kreisaugen, ein weiteres Exemplar eine seltene Durchbruchverzierung. Sie lassen sich der Gruppe der zusammengesetzten Brettspielsteine zuweisen. Zuletzt wurde ein einteiliges Exemplar mit floraler Motivik und umgebenden Kreis und Kreisaugendekor geborgen. Da sie darüber hinaus alle aus verschiedenen Nutzungshorizonten unterschiedlicher Zeitstellung stammen, ist festzuhalten, dass das Wurfzabel-Spiel offenbar zu keiner Zeit bei den Bewohnern der Burg außer Mode gekommen ist (Abb. 20).

Das absolute Highlight stellt jedoch der Fund eines einteiligen Doppelkammes aus Elefantenelfenbein dar. Er weist in weiten Bereichen altgebrochene Zähne auf. Im Mittelteil liegen zwei rechteckige Bildfelder mit im Flachrelief herausgearbeiteter Motivik. Auf der einen Seite findet sich eine Jagdszene, in der ein Hund einen im Sprung befindlichen flüchtenden Hasen schlägt. Das Bildfeld der anderen Seite zeigt zwei aufeinander zuschreitende und sich im Brustbereich berührende Pfauen mit angelegten Flügeln und nach hinten stehenden langen Federn der Schwanzschleppe. Sowohl das kostbare Material als auch die qualitätvolle Ausführung des Kammes weisen ihm einen Platz in der Gruppe der nur ca. 60 derzeit bekannten, meist als „liturgisch“ bezeichneten Kämme des Zeitraumes zwischen 800 und 1200 zu. In der Regel gehören solche Objekte in den Bestand von Kirchenschätzen: Ihr Gebrauch in liturgischen Handlungen ist seit dem 10. Jahrhundert nachweisbar. Mit ihnen wurden nach dem Anlegen der Messgewänder die Haare geordnet. Gleichsam war dies aber auch eine symbolische Handlung zur Ordnung der Gedanken auf das heilige Geschehen hin. Lassen sich derartige Kämme bereits selten in kirchlichen Schatzkammern nachweisen, so sind sie im profanen Bereich kaum vertreten. Der Kamm der Holsterburg wurde aufgrund seines Fundortes und seiner Motivik eindeutig für einen adeligen Käufer gefertigt. Ob er im Mittelmeerraum, eventuell im Byzantinischen Reich, hergestellt wurde oder in einer Werkstatt nördlich der Alpen, etwa in Metz, Lüttich oder Köln, lässt sich derzeit nicht beantworten. Vielleicht wurde der Kamm sogar in einem der naheliegenden Weserklöster gefertigt, am ehesten in Helmarshausen. Der Verlust des Kammes, der sich wahrscheinlich im Besitz der Edelherren von Holthusen befunden haben dürfte, erfolgte bereits im Zuge der Errichtung der Anlage.

Auszug aus: Frühe Burgen Westfalens, Band 43: H.-W. Peine/K. Wegener, Die Holsterburg bei Warburg, Kreis Höxter (Münster 2020).
 

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